In mehreren Folgen wird über die Zillertalbahn, deren Eröffnung sich bis zum Ort Zell am 21. Juli zum 120. Mal jährte, berichtet. Im letzten Abschnitt wurde über das Gasthof „Post“, deren Besitzerfamilie bis in die 1920-er Jahre den Postdienst und bis zur Eröffnung der Zillertalbahn im Jahre 1901 auch Botendienste besorgte, informiert. Auch über die am 21. Juli vor 120 Jahren erfolgten Eröffnungsfeierlichkeiten, das im Gasthof „Bräu“ gereichte Festmahl sowie das Sträuben des Zeller Gemeinderates, eine Fortführung des Bahnbaues nach Mayrhofen in Angriff zu nehmen, wurde berichtet.
Hinsichtlich einer Fortführung der Bahntrasse ab Zell in Richtung Süden finden sich anlässlich einer zu Beginn des Jahres 1902 stattgefundenen Aktionärsversammlung folgende Vermerke: „… dann würde der Bau vermuthlich bis zum Frühjahre des Jahres 1902 unterbrochen und nur in dem Falle, als die Grundbesitzer auf der Strecke Zell-Mairhofen ihre übertrieben hohen Anforderungen für die Grundstücke herabsetzen, bis Mairhofen fortgeführt werden. Ohne diese Vorbedingung könne an einen Weiterbau nicht gedacht werden.“
Weiter wird in diesem Rahmen dazu festgestellt: „Die Ausführungen des Redners wurden mit großem Beifalle aufgenommen und meldete sich dann Herr Johann Geisler in Vertretung der Gemeinde Mairhofen zum Worte, um dagegen Verwahrung einzulegen, daß für die Strecke Zell-Mairhofen von den Grundbesitzern allenthalben zu große Preise verlangt worden seien. Weiters ersuchte derselbe den Verwaltungsrath, dafür Sorge zu tragen, daß die Bahn unverzüglich von Zell nach Mairhofen weitergebaut werde.“
Mit einem der drei Gründer der Zillertalbahn fand der Mayrhofner Gemeindevertreter zwar einen Unterstützer, welcher ebenfalls für einen Weiterbau ab Zell in Richtung Süden votierte, der gleichzeitig jedoch auch finanzielle Aspekte einflocht: „Dagegen sprach sich Herr Franz Prantl, Hotelier in Jenbach, dafür aus, daß der Bau vorläufig nur bis Zell geführt und gleichzeitig an die Regierung mit dem Ansuchen herangetreten werde, dem Bahnunternehmen fürderhin eine größere Unterstützung zu leihen, als es bisher der Fall gewesen sei. Wenn die Regierung fortwährend große Anforderungen an das Unternehmen stelle, so sei es nur recht und billig, daß sie auch selbst entsprechende Opfer bringe. Bisher habe dieselbe nicht einmal von den von ihr übernommenen Stammactien auch nur einen Heller ausbezahlt. Es sei unter solchen Umständen nothwendig, daß die Endstation der Bahn so lange in Zell verbleibe, bis die finanzielle Lage in jeder Hinsicht vollkommen geklärt sei.“
Die Baukosten der Bahn bis zur vorläufigen Endstation in Zell betrugen knapp 1,3 Mio. Kronen, was in heutiger Währung ungefähr 10 Mio. Euro entspricht. Dieser Betrag mag gegenwärtig nicht übertrieben hoch erscheinen, war jedoch für die damalige Zeit immens. Dazu führt Hotelier Prantl anlässlich dieser Aktionärsversammlung weiter aus: „Herr Franz Prantl berichtet dann namens des Verwaltungsrathes über das Rechnungsergebnis bis einschließlich 31. Dezember 1900. Der Vorsitzende stellt in Ergänzung desselben fest, daß der Aufwand für den Bahnbau bis einschließlich 9. Februar 1901 sich auf 1,144.927 K belaufen habe und theilt mit, daß die Strecke bis Zell ohne die Grundeinlösungen und den Brückenbau noch 60.000 K
kosten dürfte.“
In weiterer Folge wurden Einigungen mit den bislang sich sträubenden Grundbesitzern ab Zell in Richtung Süden getroffen. Diese hatten offensichtlich erkannt, dass eine Bahnverbindung bis Mayrhofen dem wirtschaftlichen Aufschwung der Region nicht hinderlich sein kann. Im Protokoll der am 20. April 1902 erfolgten Generalversammlung wird dazu vermerkt: „In der am 20. April abgehaltenen Generalversammlung der Zillerthalbahn-Actionäre wurde beschlossen, den Bahnbau bis Mayrhofen zu vollenden. Der Bau wurde dem Herrn Ingenieur Riehl übergeben.“
Kurz darauf findet sich in Chronikaufzeichnungen folgender Eintrag: „Der Bau wurde am 20. Mai begonnen, die Eröffnung war am 31. Juli, folglich ist die Strecke in zwei Monaten und zehn Tagen gebaut worden, wofür dem Herrn Ingenieur Riehl das vollste Lob gebührt, ebenso dem Bauleiter Obering. Lun. Die offizielle Eröffnung erfolgte am Sonntag, den 3. August, woran nebst den Vertretern der Regierung, des Landesausschusses auch mehrere Landtagsabgeordnete und mehrere Musikkapellen teilnahmen.“
Die Zeller Ortschronik birgt auch einen Zeitungsausschnitt, welcher der Bahnverbindung von Mayrhofen nach Zell gewidmet ist und wie folgt festhält: „Morgen den 31. Juli wird die letzte Teilstrecke der Zillertalbahn: Zell-Mayrhofen dem allgemeinen Verkehr übergeben werden. Die Bewohner von Mayrhofen beabsichtigen, diesen Anlaß mit einer Festlichkeit zu begehen, um ihrer Freude über die endliche Fertigstellung der Bahn Ausdruck zu geben. Die Festfeier mit Ortsbeflaggung, Böllerknall, Musik, Festmahl ec. soll am Sonntag, den 3. August stattfinden; zu derselben werden sich unter andern auch Herr Ingenieur Riehl und einige Herren von der Generalinspektion der österreichischen Eisenbahnen in dem Endstationsorte Mayrhofen einfinden. Wie bekannt, wurde der Bau des vorderen Teiles der Zillertalbahn, nämlich der Linie Jenbach-Zell a. Z. von der Bahngesellschaft in Regie durchgeführt und es nahm der Baufortschritt infolge verschiedener hindernder Umstände bis Zell einen schleppenden, langsamen Gang. Einen erfreulichen Gegensatz hiezu bietet nun der Bau der vorgenannten Endteilstrecke, welche von dem in unserem Lande rühmlichst bekannten Bauunternehmer, dem verdienstvollen Bergbahnen- und Gebirgsstraßen-Ingenieur Josef Riehl in außerordentlich kurzer Zeit durchgeführt wurde. Am 20. Mai d. J. wurde mit dem ersten Spatenstiche in Zell am Ziller begonnen, und am 20. Juli, also nach zwei Monaten, war die Strecke mit Hilfe von 400 Arbeitern schon soweit vollendet, daß Materialzüge in Mayr-
hofen einlaufen konnten. Die neue Bahnstrecke enthält zwischen den beiden Stationen Zell und Mayrhofen die Haltestellen Ramsberg und Bühel. Der Zugsverkehr schließt vollkommen an die äußere Strecke der Zillertalbahn an, es verkehren täglich je 5 Personenzüge in beiden Richtungen der Bahn; die Fahrzeit von Mayrhofen bis Jenbach (32 Kilometer) beträgt rund 1 Stunde 50 Minuten. Die rasche und solide Durchführung des Baues der von Zell bis Mayrhofen 7,5 Kilometer langen Endstrecke findet in der Bevölkerung des oberen Zillertales allseitig die verdiente Anerkennung und gereicht der Unternehmung Riehl, wie auch sämtlichen daran Beteiligten zur Ehre, während anderseits das Streben nun weiter gerichtet werden muß auf die Erbauung einer modernen Fahrstrecke von Mayrhofen durch Dornauberg über das Pfitscherjoch hinüber nach Sterzing.“
Fortsetzung folgt!