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Von der Zillertalbahn: 120 Jahre Strecke Jenbach-Zell

Mittwoch, 25. August 2021

Über die Eröffnung der Zillertalbahn, die sich bis zum Ort Zell am 21. Juli zum 120. Mal jährte, wurde in vergangenen Ausgaben in mehreren Folgen berichtet. Im letzten Abschnitt ergingen Informationen über einen möglichen Zusammenschluss mit der Pinzgauer Lokalbahn, welche ihren Endpunkt in Krimml hat, sowie den Bau der Gerlosstraße, wobei ungemein schwierige Situationen im Hinblick auf die geologischen Verhältnisse zu bewältigen waren.

Große Herausforderungen für die Bahnbetreiber waren die wiederkehrenden Überflutungen, welche bis zur Inbetriebnahme der Kraftwerksanlagen in den Seitentälern in regelmäßigen Intervallen auftraten. Nicht nur Zell am Ziller – das gesamte Zillertal wurde neben Kriegen und ihren Auswirkungen von Katastrophen heimgesucht. Davon sind keine oder nur sehr fragmenthafte Aufzeichnungen vorhanden. So waren zum Beispiel die Missernte des Jahres 1816 und die darauffolgende Hungersnot nicht die einzigen Katastrophen, unter denen das Tal zu leiden hatte. Auch Krankheiten und Seuchen traten immer wieder im Zillertal auf – 1831 und 1833 wurden zahlreiche Bewohner von der Cholera dahingerafft. Am häufigsten suchten Naturgewalten die Region heim. Die Fluten des Ziller und der Bäche versetzten die Talbewohner sehr oft in Angst und Schrecken. Schriftliche Quellen berichten immer wieder von Überschwemmungen „mit gar schröcklichen Wüsteneien“.

Wenngleich das Zillertal in der unmittelbar letzten Zeit vor größeren Schäden verschont blieb, werden wir doch immer daran gemahnt, dass inmitten eines malerischen und lebenswerten Umfeldes entsprechende Gefahrenmomente auftreten können. Hochwassersituationen größeren Ausmaßes betrafen Gemeinden in verschiedenen Teilen unseres Bundeslandes, wobei Sach- und Vermögenswerte und darüber hinaus große Teile der Infrastruktur beeinträchtigt wurden.

Am 31. Juli 1903 trat so ein Hochwasser ein, über welches der Chronist wie folgt berichtet: „Die Straße von Uderns bis Zell, die teilweise unter Wasser gestanden war, war bis gestern mittags unfahrbar und wurde erst nachmittag halbwegs passierbar. Die Bahn konnte den Verkehr vormittag wieder ohne Gefahr aufnehmen, doch nur bis Zell, von dort wurde der Personenverkehr durch Stellwägen, die durch das Hochwasser wieder zu Ehren kamen, besorgt. Der Bahnverkehr wird erst nach mehreren Tagen wieder aufgenommen werden können. Die Bahn wurde auf der Strecke Zell-Mayrhofen an vier Stellen beschädigt, die Herstellungsarbeiten wurden sofort in Angriff genommen, so daß innerhalb 4 bis 5 Tagen die ganze Strecke fahrbar gemacht sein wird.“

Am 15. September des selben Jahres ereignete sich offensichtlich eine neuerliche Hochwasserkatastrophe, wobei wie folgt vermerkt wird: „Auf der Bahnstrecke Kaltenbach-Mayrhofen sind heute vorläufig zirka 100 Arbeiter beschäftigt. In Pehleiten bei Zell arbeiten am Uferschutz ein Pionier-Detachement und eine Jäger-Abteilung unter dem Kommando je eines Offiziers. Bahnorgane hoffen, die Strecke bis Donnerstag oder Freitag fahrbar zu machen.“

Insbesondere zu Anbeginn der Bahngeschichte bereisten Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft das Tal unter Verwendung der Zuggarnituren. So findet sich im Jahr 1904 folgender Vermerk: „Da man seine kaiserlich-königliche Hoheit, Herrn Erzherzog Eugen, selbst erwartete, so war auch eine Kompanie Nationalschützen auf dem Bahnhofe mit der Zeller Musikkapelle aufgestellt, welche den Festzug mitmachten. Nachmittag konzertierte die Musikkapelle von Uderns beim Englwirt.“
Auch kirchliche Würdenträger waren Passagiere, wie einem Eintrag aus dem Jahre 1908 zu entnehmen ist: „Von 9. bis 22. Juli bereiste der greise Kirchenfürst Kardinal Fürst-Erbischof Dr. ­Johannes Katschthaler, das Zillertal anlässlich der kirchlichen Visitation. Trotz seines hohen Alters und der ungünstigen Witterung hielt er persönlich die vorgeschriebene Visitation und wurde am 16. Juli hier am Bahnhof bei strömendem Regen in feierlichster Weise empfangen; bei demselben hatten sich außer der Geistlichkeit, der Schuljugend mit dem Lehrkörper, auch die p.t. Herren Beamten sowie die Schützen mit Musik zum Ärger der sozialdemokratischen „Salzburger Wacht“ zahlreich eingefunden. Bei dieser Visitation hob Seine Eminenz besonders lobend die Leistungen des hiesigen Kirchenchores unter der bewährten Leitung des Herrn Lehrers Andreas Kreidl hervor und sagte nach der Aufführung der Schubertmesse, „so etwas hört man nicht immer.“

Nach der stattgefundenen Kriegserklärung Italiens erfolgte am 19. Mai 1915 die Alarmierung und Einwaggonierung des Zillertaler Standschützen-Bataillons. Am ­Johannis-Tag sammelten sich beim Zeller Bahnhof 352 Mann mit 16 Pferden, sie wurden in die Valsugana nach Pergine verbracht. Nicht wenige von ihnen sollten ihr Heimattal nie mehr wiedersehen.

Im Herbst 1938 – Österreich war bereits „heim ins Reich“ geholt worden – erfolgte auch die Eingliederung böhmischer und mährischer Gebiete durch Abtretung des Sudetenlandes. Dabei gab es Bestrebungen, die gesamte Infrastruktur der Zillertalbahn abzubauen und in den, neu dem Deutschen Reich angegliederten, Ländereien wiederum zu situieren. Nur einigen beherzten Zillertalern –
darunter der legendäre Bräu-Wirt Simon Strasser – ist es zu verdanken, dass die Bahn dem Tal erhalten blieb und so an dessen kommerzieller Weiterentwicklung teilhaben konnte.

Zweifelsohne trug die Zillertalbahn wesentlich zum wirtschaftlichen und touristischen Aufschwung des Tales bei. Während des Baues der Kraftwerksanlagen, die uns heute bestmöglich vor Überschwemmungen schützen, wurden tausende und abertausende Tonnen an Baumaterial und technischen Einrichtungen nach Mayrhofen transportiert. Heute schafft die Bahn Holz zu einem der größten, im mittleren Zillertal gelegenen Industriebetriebe. Möge sie auch weiterhin Bestand haben und so der Einmaligkeit unseres Heimattales dienlich sein!

Zillertaler Zeitung

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