Demnächst werden die Zeller in ihren Briefkästen die zweite Ausgabe der Broschüre „Friaga z‘ Zelle“ vorfinden. Diese befasst sich zur Gänze mit der Geschichte des Ortes und Begebenheiten aus alter Zeit. Außerdem werden hiermit historische Bilddokumente sowie anderweitige epochal bedeutsame Ereignisse und Vorgänge, die seit dem Jahr 1976 – dem Beginn der Führung einer Ortschronik – aktuell festgehalten, aber auch rückwirkend gesammelt worden sind, einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Neben untenstehend wiedergegebenen Betrachtungen sind weitere Abschnitte dieser Ausgabe: „Winter 1930“, „Ein Suchbild“, „Fasching – wie es begann und Bildreminiszenzen dazu“, „Der Hamstererzug“, „Aus den Briefen eines Seligen“, „Vom Paßfoto zum Sterbebild“, „Zell im Wandel der Zeit 1904, 1981 und 2020“ sowie „Zuwachs für die Zeller Bildchronik“.
Entstanden ist die Abbildung (1)in den 1920er Jahren. Es zeigt die damals den Ziller überspannende Holzbrücke. Noch ziert sie mittig das Kruzifix, welches während der Nazizeit heruntergeschossen wurde. Auf Zeller Seite besteht noch die Kapelle, in der St. Nepomuk (oder Johannes von Nepomuk) über die Passierenden wacht. Links davon ersichtlich ist das Mesnerhaus, das im Zuge der Zillerregulierung während der zweiten Hälfte der 1960-er Jahre abgetragen wurde. Dahinter sieht man die Dachkonstruktion des Ritzl-Hauses, mittlerweile ebenfalls abgetragen. Zwischen Brücke und Kirche sichtbar ist der Neuwirt, auf dessen Dach sich ein kleiner Baukörper befindet. Heute würden wir diesen vermutlich als Dachkapfer bezeichnen, mit dem die Abstandsbestimmungen der Tiroler Bauordnung legal umgangen werden können. Wie man sieht, sind sämtliche Gebäude mittels Legschindeln eingedeckt. Damals hatte jedes Gebäude einen derartigen Aufbau, um vom Hausinneren auf das Dach gelangen zu können. Dies war essentiell, mussten doch in bestimmten zeitlichen Abständen die Schindeln gedreht werden, um einer zu schnellen Verrottung vorzubeugen. Auf einem der sichtbaren Strommasten ist ein Schild angebracht. Interessant wäre dessen Text, allerdings ist dieser auch bei entsprechender Vergrößerung nicht lesbar. Im Bild rechts erkennt man die Dachkonstruktion eines Pavillons, welcher ehemals im zum Neuwirt gehörigen Garten Bestand hatte.
Nun zum Fußgänger selbst. Hier wird klar, warum der Titel „Gia Zelle“ gewählt wurde. Er dreht Zellbergeben den Rücken zu und geht damit eindeutig nach Zell. Wer er ist, wissen wir nicht. Was will er in Zell? Besucht er einen Gottesdienst? Laut Turmuhr ist es kurz vor 14.00 Uhr! Gab es eine Nachmittags-Andacht und er ist spät dran, weil keine anderen Passanten sichtbar sind? Sein Buckelkorb weist darauf hin, dass er entweder etwas liefert oder etwas abholen will. Eher ist er ein Lieferant, da am oberen Ende des Korbes eine Erhöhung sichtbar ist. Was liefert er? Fragen über Fragen, die alle historischen Bilder aufwerfen. Oder wäre es gar möglich, dass er ein Zeller ist, der trotz örtlicher Krämer „fremdgegangen“ ist und sich im benachbarten, geschäftlichen Ausland – vielleicht im Zellbergebener „Penz-Ladal“ – mit Notwendigem eingedeckt hat?!