In der Nr. 38 der Zillertaler Zeitung vom Donnerstag, 22. September 2022 konnten die verehrten LeserInnen unserer beliebten Zillertaler Zeitung einen ausführlichen Beitrag über „150 Jahre Alpenverein Zillertal“ lesen. Wie es der Zufall wollte und auch auf Grund nicht mangelnder Aufmerksamkeit meinerseits konnte ich auf dem Recyclinghof ein Buch aus dem Jahre 1958 vor der endgültigen Entsorgung retten, wohl wissend über die oftmals interessanten Beiträge in alten „Schmökern“. Ich rettete eine Ausgabe aus der Serie „STEINBRENERS GROSSER UNIVERSALKALENDER“. Und weil aktuell und interessant, fand ich es passend, im Titel benannten Beitrag zum Jubiläum des ÖAV-Sektion Zillertal zu übernehmen, verfasst von einem gewissen „Josef Musil“.
In vorchristlicher Zeit und auch noch im Altertum flößten die Berge den Menschen einen geheimnisvollen Respekt ein. Die modernen Völker jener Zeitepoche, vor allem die Römer, betrachteten die Berge unserer Alpen nur als natürliche Grenze oder aber sie maßen ihnen eine strategische Bedeutung zu. So verlief über den niederen Kamm des heutigen Wienerwaldes als den letzten Ausläufer der Alpen die Grenze zwischen den römischen Provinzen Noricum und Pannonien. Als gewiegte Straßenbauer erbauten die Römer über die bedeutendsten Alpenpässe vorzügliche Straßen und Saumpfade, die zum Teil heute noch in Verwendung stehen.
Soldaten erschauten zum ersten Mal die Wunder der Alpenwelt. Der Zug Hannibals über die Alpen mit einem 50.000 Mann starken Heer ist bekannt. Napoleon überquerte den Großen St. Bernhard und der geniale russische General Suwarow zog 1799 mit 20.000 Soldaten über den St. Gotthard nach Italien.
In mittelalterlichen Chroniken und Aufzeichnungen frommer Mönche ist niemals von bedeutenden Bergbesteigungen die Rede. Wenn man von einigen Ausnahmen, wie Leonardo da Vinci, absieht, der die Alpen als Maler entdeckte, ist es erstaunlich, welch falsche Begriffe sich man selbst in Gelehrtenkreisen von den Bergen machte. Der sonst verlässliche Kartograph Wolfgang Lazius zeichnete in seiner Karte von Kärnten im Jahre 1580 die Tauern noch als ein ganz gewöhnliches Waldgebiet ein. Grotesk wirkt es auch, dass in einer Karte von Holzwurm aus dem Jahre 1649, also vor mehr als 300 Jahren, die Berge um Klagenfurt als höchste Erhebungen von Kärnten bezeichnet wurden.
In der geruhsamen Zeit des Biedermeiers ging man der alpinen Bergwelt behutsam aus dem Weg. Und bis 1850 waren Alpen- und Touristenvereine in unserem Sinne so gut wie unbekannt. In diesem Zusammenhang hört es sich wie ein Witz der Weltgeschichte an, dass der erste Alpenclub nicht in den Alpenländern, sondern ausgerechnet im bergfremden London im Jahre 1857 gegründet wurde. 1862 wurde der Österreichische Alpenclub und 1869 der Deutsche Alpenverein in München aus der Taufe gehoben.
1879 verfasste Simon Rieger, ein Pionier der Touristenbewegung, eine Broschüre, worin er mitteilte, dass der Mitgliederstand der Touristenvereine in ganz Österreich inklusive der Kronländer nicht mehr als 12.800 Köpfe umfasste.
Dass die Menschen in der letzten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch eine unklare Vorstellung über die Ziele der Touristenbewegung hatten, geht aus einem Zeitungsartikel hervor, der 1876 in der amtlichen „Wiener Zeitung“ erschien. Ein Baron von Myrbach aus Graz wollte da die Touristenbewegung auf bürokratische Weise fördern. Dass er dazu die Schaffung von Genossenschaften, die Erbauung von Hotels, Badehäusern, Straßen und Lohnfuhrbetriebe anstrebt, zeigt von sozialer Gesinnung.
(Von Josef Musil, Steinbreners Großer Universal-Kalender für das Jahr 1958) – ag.