Damals, als in unserer schönen Heimat die Pest wütete und ringsum das große Sterben schier keine Ende mehr nehmen wollte, schritt auch im Zillertal der schwarze Tod von Hof zu Hof, von Haus zu Haus und mähte das blühende Leben dahin wie der Schnitter das taunasse Gras im Frühlicht.
Die Uderner waren, wie die verehrten Leser sicher wissen, vom größten Unheil verschont geblieben, weil sie ihren St. Rochus mit einem neuen Schindel-
dach versöhnt hatten und es seiner Fürsprache gelang, die Seuche abzuwenden.
Im oberen Zillertal aber hauste der Sensenmann und hielt sich dafür schadlos, bis die Menschen mit schwarzen Beulen im Gesicht in den Gruben lagen und die Hütten verlassen standen. Kein Jodler hallte mehr von den Almen, kein Schäflein bimmelte mit seiner Glocke und kein Schuss aus der Büchse eines Wilderers warf sein Echo ins Tal.
Nur zwei Menschen blieben von dem grausamen Schicksal wie durch ein Gotteswunder verschont. Ein Bursche namens Lenz, der auf der rechten Seite des Zillers hauste, und eine Dirn mit Namen Notburga, deren Heimstatt am linken Ufer stand. Beide aber lebten völlig abgeschlossen von der Welt und wussten rein gar nichts voneinander.
Bis endlich wieder ein Frühling kam und der Lenz eines Tages daran ging, den Acker hinter seinem Haus zu bestellen. Als er nun vor die Türe trat, ein wenig in die junge Sonne blinzelte und rundum sah, da gewahrte er über dem Ziller drüben einen Menschen. Bald hatte er auch erkannt, wer es war, und voller Freude rief er durch die hohle Hand hinüber: „Burgal!“ Erschrocken wandte sich die Dirn um. Als sie aber den Burschen erblickte, der ihr lebhaft zuwinkte, schlug sie die Hände vor Verwunderung über dem Kopfe zusammen und rief zurück: „Ho, Lenze, löbeschte aa no?“
Die beiden wurden ein Paar und sind also Stammeltern der heutigen Bewohner des Zillertales unterhalb von Mayrhofen. Um ihre Höfe wurden weitere Hütten gebaut, so dass im Laufe der Jahrhunderte zwei kleine Dörflein entstanden, deren graubraune Schindeldächer sich lieblich unter die Obstbäume druckten.
Und zur Erinnerung an jene Zeit und an die erste Begegnung dieser beiden Menschenkinder wurden die Dörfer Hollenzen und Burgstall genannt, wie sie auch heute noch heißen.
Kinder der V.-Schwendberg
(Aus Sagen, Brauchtum und Mundart im Zillertal von Erich Hupfauf)
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