Unser Mayrhofner Waldfestplatz wird saniert, ist wohl aus verschiedenen Gründen notwendig geworden. Doch irgendwie schade um die alten, urigen Hütten, doch die Zeit bleibt nicht steh’n
und verlangt nach Veränderungen.
Oft habe ich mich schon gefragt, wann wohl das erste Waldfest in Mayrhofen veranstaltet wurde. Nach langem Stöbern und Suchen bin ich auf eine wahre Erzählung des Oberlehrers Hans Oberfocher gestoßen, die ich den Lesern nacherzählen möchte.
Es war an einem Schutzengel Sonntag Anfang September 1903. Wie üblich sind nach der Prozession einige „U’habige“ beim „Wildauer – Neue Post“ bis in den Nachmittag hinein sitzen geblieben. Eine recht lustige Gesellschaft, bei der unter anderem auch der damalige Wirt, Ludwig Wildauer, anwesend war. Da kamen zwei seiner Töchter 11 – 12 Jahre alt zum Vater in die Wirtsstube und baten ihn um den Verkauf von einem Doppelliter Wein und einigen Flaschen „Kracherlang“ (Limonade). Der Vater war erstaunt über diese Bitte, und fragte nach, wozu sie denn soviel Wein brauchen. Die zwei Mädchen berichteten, dass sie mit ihrer Freundin eine Schankbude im Scheulingwald errichtet hätten und dort an die zahlreichen Sommerfrischler, die im Schatten des Waldes Ruhe und Erholung suchen, Wein und Kracher‘l verkaufen möchten. Der Vater war sehr erfreut über die früh entwickelte Geschäftstüchtigkeit seiner Töchter und kam ihrer Bitte um Wein und Kracherlang gerne nach.
Nach kurzer Zeit kamen die Mädchen wieder und baten wieder um Wein und Kracher‘l, denn alle vorhandenen Getänke waren verkauft. Der ebenfalls bei der illusteren Gesellschaft anwesende Hans Moigg vom „Neuhaus“ machte darauf hin die Anregung, man sollte das Spiel der Kinder praktisch anwenden und im kommenden Sommer im Scheulingwald ein Fest mit Musik, Gesang, Tanz und einem Preisranggeln veranstalten.
Diese Anregung wurde im Sommer 1904 in die Tat umgesetzt und das erste Waldfest im Zillertal, mit einem unerwartet großen Besucheransturm abgehalten. Der Verschönerungsverein als Veranstalter des Festes konnte sich über einen großen Reingewinn freuen, der es ihm möglich machte, Ruhebänke und Promenadewege im Scheulingwald anzulegen und so den Fremdenverkehr zu fördern. In den folgenden Jahren bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges wurden die Waldfeste jährlich wiederholt. In vielen anderen Orten des Tales wurden in ähnlicher Weise Nachahmungen versucht, jedoch nicht annähernd mit demselben Erfolg.
Bald nach dem Krieg wurden die Waldfeste wieder ins Leben gerufen und in alter Manier jährlich abgehalten. Außer den finanziellen Vorteilen für die veranstaltenden Vereine durch die Waldfeste, wurde Musik, Gesang, Tanz und Brauchtum gepflegt und gelebt. Der Zusammenhalt und das Miteinander waren bei diesen Festen besonders spürbar.
Während des zweiten Weltkrieges wurden keine Waldfeste veranstaltet, allerdings nach dem Krieg, meinte Oberforcher: „Es ist zu wünschen, dass in der alten Bier-, Wein- und Enzianhütte bald wieder Leben und Fröhlichkeit einkehrt und zahlreiche Freunde der Mayrhofner Waldfeste aus nah und fern bei Musik, Gesang und Tanz sich in unserem schönen Scheulingwald erfreuen.
Der Wunsch von unserem hochgeschätzten Oberlehrer ging bald in Erfüllung und jedes Jahr wurde ein Waldfest abgehalten. In den letzten Jahren ist allerdings einiges an Tradition verloren gegangen wie zum Beispiel der Einzug, der Gesang, die Tracht, die „Latterer“ und das Ranggeln.
Man muss aufpassen, dass uns beim kommenden Umbau des Waldfestplatzes nicht noch mehr verloren geht, sondern vielleicht die Chance nützt, bereits Verlorenes zu reaktivieren.