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Leserbrief

Von Sepp Rauch, Zell/Ziller

Dienstag, 18. April 2023
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Eine Geschichte die das Leben schrieb!

Über die „Tuxegg-Bäurin und Mutter, Nannal Fankhauser“, die ein Leben und Wirken vollbracht hat, das seinesgleichen sucht und in der heutigen Zeit seltsam scheint. Kein noch so großer Orden würden dem Schaffen und den Leistungen dieser einfachen Mutter und Frau gerecht werden.

Anna Fankhauser, geb. Erler, hat am 22. Mai 1879 am Lippnerhof, Gemais in der Gemeinde Tux, das Licht der Welt erblickt. Anna (Nannal genannt) hat am 12. Februar 1900 den Tuxegg Bauer Sepp Fankhauser geheiratet. Eine große Kinderschar stellte sich ein. Als der Erste Weltkrieg im Jahr 1914 ausbrach und nicht enden wollte, wurde auch der Vater an die Südfront zum Militär eingezogen. Das war ein schwerer Schlag für die ganze Familie. Im Jahr 1917 schlug das Schicksal in dieser Familie das erste Mal aber ganz schrecklich zu, besonders traf es  die Mutter dieser vielen Kinder, mittlerweile waren es zehn, das elfte war unterwegs. Am 14. Jänner 1917 kam die kleine Frida zur Welt und am 13. Februar überbrachte man der Mutter die traurige Nachricht, dass ihr Gatte im Militärspital in Innsbruck an seinen schweren Verwundungen verstorben sei. Diesem kleinen Mädchen, Frida, war aber auch nur ein kurzes Leben vergönnt. Sie ist am 13. November 1918, ohne ihren Vater jemals gesehen zu haben, diesem nachgefolgt.

Die Schicksalsschläge dieser Mutter rissen nicht ab. Ihre Tochter Hedwig war mit dem „Deml Honis“ aus Finkenberg verheiratet. Im jugendlichen Alter von 25 Jahren ist sie nach der Geburt ihres zweiten Kindes gestorben. Die leidgeprüfte Großmutter hat diese zwei Kinder in Pflege genommen, großgezogen und die Mutterrolle übernommen.

Einer ihrer Söhne,  Albert, ist im Zweiten Weltkrieg gefallen und der zweite Sohn, Gottfried, wurde in Russland wie so viele junge Männer als vermisst gemeldet. Über einige dieser Unglücke brachten Heimkehrer, die vom Kriegsdienst oder aus der Gefangenschaft kamen, eine Botschaft, warum sie nicht mehr heim kamen und wurden daher für tot erklärt. Die Tuxegg Mutter hat von ihrem Gottfried nie mehr was gehört, er blieb verschollen bis heute.

Der „Tuxegghof“, der entlegendste Bauernhof in der Gemeinde Finkenberg, war für die damaligen Verhältnisse kein kleiner Hof. Sie konnten sich sechs Milchkühe halten, dazu ein paar Stück Jungvieh, um den Nachwuchs zu sichern, und an die vierzig Stück Schafe. Was die Bewirtschaftung dieses Hofes für diese Mutter noch immens erschwert hat. Mit zwei ihrer Söhne, Engelbert und Simal, die beide auf Grund ihrer Behinderung nie „wehrdienstpflichtig“ waren, hat diese tapfere Frau diesen Hof bewirtschaftet. Mit dem Simal hatte sie es besonders schwer, der konnte nämlich keine selbständige Arbeit verrichten, weder im Haus noch auf den Feld. „Nannal“ oder der Bruder Engelbert mussten ihn so gut wie möglich lenken, und so konnte er die ihm zugeteilte Arbeit verrichten.

 „Engelbert“, der umsichtig und fleißig das Vieh versorgte, hat einen Feldstall, der mehr als baufällig war, neu errichtet und dabei eine wahre Meisterleistung vollbracht. Er hat für diesen neuen Stall selber den Plan gezeichnet, im eigenen Wald das Bauholz geschlägert, es planmäßig abgehängt und für den Abtransport zum Bauplatz vorbereitet. Hilfreiche Nachbarn haben ihm geholfen, das Bauholz zu seinem Bauplatz zu bringen. Dort hat er mit dem dafür nötigen Werkzeug fachmännisch alles zu Blockholz verarbeitet. Im nächsten Frühjahr, als das Heu verfüttert war, hat er begonnen den baufälligen Stall abzutragen. Hilfreiche „Heinzelmännchen“ haben ihm wieder geholfen, die Blockwände zu zimmern und mit dem Dach zu versehen. „Dieser Stall steht übrigens heute noch“. Der Engelbert war sehr menschenscheu und mag für viele als Sonderling gegolten haben, für mich war er ein verkanntes „Genie“. Wenn es zu jener Zeit eine Ausbildungsmöglichkeit gegeben hätte, wäre aus dem Engelbert zumindest ein guter Zimmermann geworden.

Als diese geplagte alleinstehende Mutter am 16. Oktober 1952 im 74sten Lebensjahr verstarb, hat einer ihrer Söhne, „Honis“ mit Familie, kurzzeitig den Hof übernommen. Als die Erbangelegenheiten geregelt waren, hat der älteste Sohn Franz den Hof endgültig bekommen und so wurde aus dieser Familie der letzte „Tuxeggbauer“. Da die Frau von Franz aber zum  Hof keine Beziehung hatte und keine Zukunft sah, fassten sie den Entschluss, den Hof zu verkaufen. Aber was soll mit den zwei Brüdern Engelbert und Simal werden? Die zwei bedauernswerten Brüder wurden in Pflegeheime abgeschoben, die Mutter musste dies „Gott sei Dank“ nicht mehr erleben. Ebenso den mehr als fragwürdigen Hinauswurf durch ihren Onkel aus ihrer zweiten Heimat. Diese waren kaum den Kinderschuhen entwachsen und mussten sich bei fremden Leuten wieder eine neue Bleibe suchen.

Das Lebenswerk dieser tapferen Frau, der „Tuxegghof“, wurde am 5. März 2004 an die Familie Holzer verkauft. 

Möge der liebe Herrgott dieser „Kämpferin“, der wenige Sonnentage in ihrem Leben beschieden waren, bessere vergönnen. Möge er ihr all ihre guten Taten in einem besseren Jenseits lohnen und ihr alles vergelten, was ihr in dieser schnöden Welt versagt geblieben ist. „Gott hab diese großartige Frau, Mutter und Oma selig“!

Zillertaler Zeitung

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