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Leserbrief

Laudatio über einen „Visionär“ – Josef Lackstätter

Mittwoch, 5. Februar 2025
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von Sepp Rauch, Zell am Ziller

Langzeit-Bürgermeister von 1922 bis 1935 & Landtagsabgeordneter von 1929 bis 1935

Josef Lackstätter, geb. am 8. November 1887 in Hart im Zillertal, verstorben am 15. August 1935 nach einem langjährigen Leiden, laut ärztlichen Befunden durch Folgen des Ersten Weltkrieges. Der Hutmacher und Kaufmann war der erste Langzeit- Bürgermeister von Zell am Ziller (1922 bis 1935). Eine normale Legislaturperiode dauerte damals nur drei Jahre. Den Bezirk Schwaz vertrat er in den Jahren 1929 bis 1935 im Tiroler Landtag.

Bgm. Josef Lackstätter war ein enorm sozial und gleichzeitig fortschrittlich eingestellter Volksvertreter und Mensch. Seine Gutmütigkeit und sein Gemeinschaftssinn waren bekannt. Nur für die damalige Zeit hatte er nicht das richtige Gespür für die „Farbenlehre“. Dieser hatte er nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. Zusammenarbeit und Fortschritt für die Menschen, die in diesem Ort und schönen Tal lebten, war ihm wichtiger als Politik. Dieses Denken wurde ihm zum wirtschaftlichen Verhängnis und war mitschuldig an seiner angeschlagenen Gesundheit. All dies führte zu seinem allzu frühen Ableben. Aber dazu komme ich etwas später in meinen Beitrag!

Josef Lackstätter war mit der Näherin Anna, geb. Kreidl, verheiratet. Sie errichteten sich in der  Bahnhofstraße unmittelbar neben dem Zellerhof und  der  Villa Hafnerhaus  ein   Wohn- und Geschäftsgebäude. Dieser Ehe entsprangen drei Kinder, zwei Knaben und ein Mädchen. Die zwei männlichen Nachkommen kannte ich noch persönlich. Beide besuchten eine höhere Schule. Hans war bis zu seiner Pensionierung beim Bezirksgericht in Zell beschäftigt, Hermann arbeitete als Buchhalter im Büro der „Österreichisch-Amerikanischen Magnesit- AG“ bis zu seinem Rentenalter. Von der Tochter ist mir nichts bekannt, sie soll das Lehramt abgeschlossen haben und als Lehrerin tätig gewesen sein.  

Und nun etwas zu seinen Pioniertaten für den Raum Zell und den Anrainergemeinden, die von Nutzen waren und die natürlich immens viel Geld kosteten.

Zell besaß im Tal die erste Kanalisation sowie die erste Hochdruck-Wasserleitung mit Hydrantensystem für Löschwasserzwecke, des Weiteren die erste asphaltierte Dorfstraße und den Neubau des Gemeindehauses mit integrierter Feuerwehrhalle. In seiner Zeit als Abgeordneter zum Landtag fällt auch der Ausbau der Zillertalstraße. Diese Straße hatte zuvor keinen Straßencharakter, es war ein Fahrweg zwischen den einzelnen Dörfern.

Der Fremdenverkehr im Zillertal war damals schon ein nicht unwichtiger Erwerbsfaktor, und so stellte er in seiner Eigenschaft als Abgeordneter zum Landtag den Antrag, die Straße im Tal entsprechend auszubauen. Sein Ansuchen wurde von Land und Bund unterstützt, und die Straße wurde in zwei Etappen ausgebaut – die erste von Strass über Fügen bis Kaltenbach und die zweite über Aschau nach Zell und schließlich  über Ramsau bis nach Mayrhofen. Das Zillertal erhielt in Zell am Ziller die erste Hauptschule während seiner Amtszeit. Diese war in den ersten zwei Jahren nur für Knaben zugänglich. Später konnten sie dann natürlich auch die Mädchen besuchen. Auch die Vereine waren  ihm immer wichtig, ob Musik, Schützen, Veteranen, Theaterverein usw. Bei zuletzt genanntem war er als aktives Mitglied sehr tätig.  Im Boten, „Innsbrucker Nachrichten konnte man beispielsweise lesen: Am 11. März diesen Jahres fand in Zell bei ausverkauftem Hause die Aufführung des Passionsspieles „Das Versöhnungsopfer von Golgatha“ statt. Die Hauptrolle des Christus gab Kooperator Alfred  Eder, ebenso vorzüglich stellte Bürgermeister Josef Lackner den Judas dar! Als 32ster Verein wurde von ihm das „Kinderhilfswerk Hauptschulsprengel Zell“ gegründet, der ein voller Erfolg wurde. Unmittelbar nach Gründung verzeichnete der Verein mehr als einhundert Mitglieder, die im Monat 50 Groschen zahlten. Mit diesem Geld wurden Bücher und Hefte für die Schüler von bedürftigen Eltern sowie der Schulbeitrag für den kostenpflichtigen Hauptschulbesuch (wie alle höheren Schulen) finanziert.

Im Jahr 1925 ließ er einen  Baulinienplan erstellen, der revolutionierend war. Der größte Teil des Zellfeldes war als Siedlungsraum  mit einem großzügigen Straßennetz geplant, am Ziller ein Sportplatz mit  einer Umlaufbahn vorgesehen sowie am südlichen Rand der Musikpavillon, im Kirchmairfeld ebenfalls ein Siedlungsgebiet, am östlichen Rand, in der Nähe vom „Rauthäuslbauern“ mit der Situierung  des Hauptschulzentrums. Großzügige Straßen in beiden Siedlungsbereichen mit einer Breite zwischen sechs und acht Metern. „Spötter sagten, „der will  aus  Zell eine Stadt machen!“

Eine letzte ehrenvolle Aufgabe wurde dem Landtagsabgeordneten und Bürgermeister Lackstätter noch im Juni 1934 zuteil, er wurde für den Gerichtsbezirk Zell am Ziller zum „Landesgewerberat“ bestellt. Als Würdigung für all seine großartigen und vielseitigen Leistungen wurde ihm vom damaligen Bundespräsidenten Dr. Karl Seitz das „Goldene Verdienstzeichen für die Republik Österreich verliehen.

Mit der beginnenden Notzeit Ende der Neunzehn-Zwanziger- und die meisten Neunzehn-Dreißiger-Jahre möchte ich diese tragische „Familiensaga“, während dieser der Bürgermeister in der ganzen Zeit seines Wirkens nur das  Beste für seine Gemeinde und ihre Bürger wollte, beenden.

Die ganzen Vorhaben, die vorausschauend aus seiner Sicht für die Zukunft verwirklicht wurden, verursachten riesige Kosten, die die Gemeinde Zell in die Insolvenz geführt hatte. Bürgermeister Lackstätter entschloss in dieser verzweifelten Situation, so quasi die Alleinschuld zu übernehmen, obwohl es auch damals einen Gemeinderat, zwei Vizebürgermeister und ein Vorstandsmitglied gegeben hat. Wohl der dümmste Schritt seines Lebens. Er hat somit eine Entscheidung getroffen, die zur damaligen Zeit nicht üblich war und heute unmöglich wäre. Der Bürgermeister hatte mit seinem ganzen privaten Vermögen die Bürgschaft übernommen, die er auf Grund einer Krankheit und einem schnellen Tod nicht mehr tilgen konnte. Um das Unglück, das über diese Familie hereinbrach, noch zu vergrößern, ist am 31. Jänner 1935 seine Ehefrau und Mutter seiner drei Kinder verstorben. Am 15. August desselben Jahres verstarb Josef Lackstätter im Alter von 47 Jahren auf Grund seiner schweren Krankheit und großen Sorgen allzu früh. Am darauf folgenden Sonntag fand seine Beisetzung, die „Volksfestcharakter“ hatte, statt. Die Zeller Kirche,  die um tausend Besucher fasst, war zu klein. Alles was Rang und Namen hatte, begleitete ihn auf diesem letzten Erdenweg. Anstatt der Kranzablösen war sein Wunsch, für den neuen Kindergarten zu spenden, denn das war neben allen anderen geschaffenen Einrichtungen sein letztes Werk. 

Nur letztendlich hat er sich trotz mitverantwortlicher Gemeindeführung kein Ruhmesblatt erworben. Statt seine Kinder zu unterstützen, wurde ihr Vater so quasi als “Alleinschuldiger“ an der ganzen Misere im Regen stehen gelassen.

Nach meiner Ansicht müsste man ihn auf Grund seiner Leistungen für die Gemeinde Zell heute noch  posthum zum Ehrenbürger ernennen!

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