Die Brandbergstraße
Unsere Nachbargemeinde Brandberg war lange Zeit nur zu Fuß über die so genannten Brandberger Reiben in einer Gehzeit von einer Stunde erreichbar. Die Versorgung des täglichen Lebens musste bis in die Mitte der fünfziger Jahre mit Kraxe, Buggelkorb oder mit Saumpferd hinauf getragen werden. Die Thanner Burgl (Dornauer) hat mir erzählt, dass sie als Kind mit zwei Mulis von Mayrhofen herauf „gesamt“ hat und zwar zweimal am Tag nach der Schule, Sommer wie Winter. Auch die ärztliche Versorgung war schwierig oder gar ein Krankentransport hinunter nach Mayrhofen waren ein gefährlicher Akt und sehr zeitaufwendig.
Es war schon vor dem Zweiten Weltkrieg ein Anliegen der Brandberger einen Fahrweg zu bekommen, was nicht gelang. 1940 gab es einen Gemeinderatsbeschluss, die Trasse für einen Güterweg Mayrhofen – Brandberg auszumessen und den Bau mit Einsatz von Kriegsgefangenen zu beginnen. Dabei blieb es. Nach dem Krieg war vorerst Stillstand bis 1949 Außenminister Karl Gruber Mayrhofen besuchte und Bürgermeister Franz Kröll ein Treffen mit Minister Gruber und dem Brandberger Bürgermeister Franz Geisler, Bauer am Stein, organisierte. Mit diesem Treffen kam Bewegung in den Güterwegebau Mayrhofen – Brandberg, denn mit dem Einsetzen der Motorisierung wusste man, dass eine Straße auf den Brandberg eine unaufschiebbare Notwendigkeit ist.
Es dauerte noch fünf Jahre bis am 27. März 1954 das erste Auto ins Brandberger Dörfl einfuhr. Man kann sagen, „fünf in einem Jeep“ sind durch die Eingangsschlucht der Zillergrundstraße, durch den romantischen Zillergrundtunnel und weiter über Pignellen in einer 20 Minuten dauernden, etwas holprigen Fahrt auf der noch in Ausbau befindlichen Straße nach Brandberg gekommen. Der geübte Lenker, vertraut mit solchen Wegen, war Rudolf Thaler, seine Beifahrer waren Vizebürgermeister von Mayrhofen, Georg Pramstraller (Bacher Jörgal), Gemeinderat Kröbas Wilhelm (Pfister), ein besonderer Freund von Brandberg, Bauaufseher Alois Oblasser (Territer) und als Reporter Franz Hausberger (Schuster).
Es gab eine freudige Begrüßung mit dem Bürgermeister Georg Thanner, Vizebürgermeister Johann Weissenbacher, dem Obmann der Wegbaukonkurrenz Oblasser und dem Brandberger Pfarrherrn sowie Förster Metzler, der am gleichen Tag die Strecke mit seinem Motorrad befuhr. Dieses für Brandberg große Ereignis wurde bis tief in die Nacht hinein, bei etlichen Liter Rotwein, geziemend gefeiert.
Bis zum Sommer war die Straße so weit fertig, dass sie mit einem Kleinbus befahren werden konnte. Damit begann ein steter Aufschwung von Brandberg. Besonders der Fremdenverkehr profitierte von der Straße, denn nun mussten die Koffer nicht mehr mit Mulis transportiert werden und der Gast selbst brauchte seinen Urlaubsort nicht mehr erkraxeln. Waren es 1950 nur 42 Nächtigungen, so waren es 1960 bereits 7.000 und 1970 schon über 20.000.
Am 5. Juli 1955 hat die Gemeinde Brandberg die am Straßenbau beteiligten Bauräte und die gesamte Arbeiterschaft zu einer kleinen Feier des Dankes eingeladen. Bürgermeister Thanner dankte allen am Bau der Straße Beteiligten und gab seiner Freude Ausdruck, dass man nun schlecht und recht mit dem Auto auf den Brandberg fahren kann und damit auf dem Brandberg vieles leichter und besser wird. Weiter stellte er erfreut fest, dass es trotz schwierigem Gelände und gefährlichen Situationen, die sich beim Bau ergaben, keine schweren Unfälle gab. Er bat die Belegschaft, im bisherigen Sinne weiterzuarbeiten und die Straße für Brandberg zu einem guten Ende zu bringen.
Oberbaurat Brettner dankte Gemeinde und Arbeitern und gab bekannt, dass bisher 1.130.000 Schilling für den Straßenbau Mayrhofen – Brandberg aufgewendet wurden und dass es voraussichtlich wohl noch drei Jahre bis zur endgültigen Fertigstellung der Straße dauern würde. Bürgermeister Franz Kröll erinnerte an die respektablen Leistungen der Gemeinde Brandberg, wie die Schaffung eines Elektrizitätswerkes, einer Trinkwasserleitung, einer neuen Glocke und einer neuen Orgel, aber die Krönung des Ganzen sei wohl die neue Straße.
Ein Beweis für die Aufgeschlossenheit der Brandberger sei wohl der unvergessene Wirt Michl Thanner, der als Abgesandter des Zillertales in das k & k Ministerium nach Wien reiste, um für den Bau der Zillertalbahn zu werben und um Unterstützung zu bitten.
Bürgermeister Kröll gab der Hoffnung Ausdruck, dass die Arbeit von Michl Thanner nun auch für die Brandberger Früchte tragen wird, wenn ein Linienbus der Post Brandberg – Mayrhofen den Anschluss zur Zillertalbahn herstellt. Er wünschte der Gemeinde Brandberg, dass die Straße glücklich vollendet werde. Der Linienverkehr der Post wurde 1960 aufgenommen.