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Leserbrief

Feier zur Markterhebung Zell am Ziller

Mittwoch, 17. Juli 2024
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von Sepp Rauch, Zell am Ziller

Am 3. Juli waren es 35 Jahre, dass die Gemeinde Zell vom Amt der Tiroler Landesregierung zur „Marktgemeinde“ erhoben wurde.

Aus diesem Grund lud Bürgermeister Robert Pramstrahler am Mittwoch, den 4. Juli 2024 zu einer Festveranstaltung, der ich gerne beiwohnte. Für mich persönlich ist die Erinnerung an die Erhebung von Zell zur Marktgemeinde auch ein Grund, einige Gedanken aus meinem Wissen einer breiteren Öffentlichkeit in Erinnerung zu rufen und um sich auch darüber Gedanken zu machen.

Der Bürgermeister berichtete nach seiner Begrüßung der zahlreich erschienenen Gäste, meiner Meinung nach hätten es mehr sein können, über die Entstehung, den Werdegang und über die erstmalige urkundliche Erwähnung im Jahr „1188“ von „Zell“ als Ortsnamen.

Diese Jahreszahl scheint mir sonderbar. Den verschiedenen Aufzeichnungen zur Folge hat der nordfränkische König Arnulf dem Kleriker Pilgram und Pfleger vom St. Johannes-Spital in „Celle“ und späteren Erzbischof von Salzburg 907 bis 923 Zehende und Pfründe im Zillertal geschenkt und übertragen. Das bestärkt meine Annahme, dass es eine Kommune in Zell schon 300 Jahre vor diesem ominösen Jahr 1188 gegeben habe müsste. Bestärkt auch durch die Annahme, dass im vierten und fünften Jahrhundert von der Mönchszelle, Vorgängerin der Pfarre Zell, und durch deren Patres die Christianisierung im Zillertal ausging.

Und zum alten Wappen der Gemeinde Zell, das Jahrhunderte ohne Genehmigung der Landesregierung in Gebrauch war (siehe Foto), eine kurze Erklärung: Den Großteil dieses Wappens „macht der Tiroler Adler aus“, vor dem die „Celle“ und ein Pater abgebildet sind. In der rechten Hand hält der Pater ein Kreuz. Die Legalisierung wurde vom Land Ende der 1980er Jahre abgelehnt mit der Begründung, dass in Tirol eine großräumig geplante Neuordnung der Gemeindewappen vorgesehen sei. Der dafür zuständige Hofrat Dr. Widmoser war mit dieser Aufgabe betraut. Das alte Wappen, mit einem Franziskanerpater auf dem Dach der Mönchszelle, fand bei HR Dr.  Widmoser großes Missfallen. Der Pater gefällt ihm nicht, der Pater muss weg! Und was haben wir jetzt im Wappen? Und doch gefällt es mir besser, als andere, die so einen heraldischen Auswuchs in ihrem Wappenbrief haben.

Dieser Spruch „der Pater muss weg“ hat mich auf die Palme gebracht. Ein Freigeist, der ich immer war und der seine Meinung immer kund tat, erlaubte sich zu sagen:

„Herr Hofrat, eines wundert mich! Sie sagen immer `der Pater muss weg` und jetzt auf dem neuen Wappen ist es auf einmal nun doch ein `Pater`. Über die heraldische Kunst der Wappenkunde und Erstellung dieser kann man geteilter Meinung sein. Ich bin mir nicht sicher, ob die Generation nach uns einmal sagen wird: `Was haben sich da die Verantwortlichen  andrehen lassen`?!“ HR Dr. Widmoser, klein von Statur, wurde gleich um zwei Köpfe größer, sprang auf und schrie unüberhörbar: „Wenn dem so ist, verlässt er sofort die Sitzung und die Gemeinde Zell soll sehen, wie sie von der Landesregierung ein anderes Wappen genehmigt bekommt.“ Ich zog mir damit den Unmut des damaligen Bürgermeisters Walter Amor und eines größeren Teil des Gemeinderates zu. HR Dr. Widmoser und Bgm. Amor verlangten von mir eine öffentliche Entschuldigung. Schweren Herzens und um das Ganze nicht zum Scheitern zu bringen, habe ich dieser Forderung Folge geleistet und mich öffentlich entschuldigt.

Über die Auswüchse bei der Wappengestaltung war ich nicht allein mit meiner Meinung. Zum Beispiel: Die Gemeinde Stumm bekam einen Baumstrunk in ihr Wappen. Auch verschiedene andere Gemeinden wurden mit Künsten ohne Sinn und Wert beglückt. Als Alexander Braunegger in Stumm zum Bürgermeister gewählt wurde, hat die Gemeinde bei der Landesregierung um die Wiedererlangung des alten Wappens angesucht und genehmigt bekommen.

Ein Clou zum Schluss meiner Ausführungen zu diesem Thema: Bei der Feier zur Markterhebung am 3. Juli 1989 hat sich HR Dr. Widmoser bei mir über seinen Unmut entschuldigt, den er damals an den Tag gelegt hat und mir zum Mut meiner Kritik gratuliert. 

Der „Traum von einer Marktgemeinde Zell“ hat mich eigentlich schon bald nach meiner Übersiedelung nach Zell und den Einzug 1962 in den Zeller Gemeinderat beschäftigt.

Irgendwo in den Zeller Aufzeichnungen wurde über den Besuch von Mailänder Kaufleuten anlässlich einer Geschäftsreise über die  großen Jahrmärkte in Zell berichtet. Dort konnte ich lesen: Im Bolsinghaus, heute Hotel Bräu, wurde in dessen Kellergewölben später dann das erste Zellerbier gebraut. Im „Hotel Bräu“ nahmen diese Gäste Quartier. Das alles spielte sich 1452 ab, als diese Kaufleute zum ersten Mal in Zell zu Gast waren. Die Märkte in Zell waren weitum bekannt, nicht nur im Zillertal. Die großen Vieh- und Krämermärkte fanden dreimal im Jahr statt, zwischendurch gab es auch zwei oder drei kleinere Märkte. Jeweils am ersten Montag im Mai, am ersten Montag im Oktober und der Thading-Markt am ersten Montag nach „Marie Lichtmess“, welcher am 1. und 2. Februar stattfand. Dieser Markttag war für viele ein sorgenvoller Tag. An diesem Tag war nicht nur der Jahreslohn für das bäuerliche Gesinde („Dienstboten“) fällig. Auch die privaten Geldverleiher haben ihre Zinsen kassiert und versuchten zu ihrem Geld zu kommen. Im ländlichen Raum wurde das Bankwesen erst viel später durch Herrn Dr. Raiffeisen gegründet.

Diese weit und breit bekannten Markttage haben viel Leben in diesen Ort Zell gebracht. Die vielen Wanderhändler, die aus aller Herrenländer kamen und auch Kunden, sind am Sonntag (Vortag), ebenso auch so manch auswärtige Gäste angereist. Die Gasthäuser und Gästezimmer waren alle ausgebucht. 

Zum Abschuss meiner Ausführung traue ich mich heute noch zu behaupten: „Die Gemeinde Zell hätte sich das „Prädikat Marktgemeinde“ schon lange vorher verdient. Die Konzentration von Ämtern, Schulen und Gewerbebetrieben in diesem flächenmäßig kleinen Dorf, flächenmäßig der zweitkleinste Ort in Tirol. Diese Würdigung hätte Zell schon vor vielen Jahrzehnten verdient.

Zillertaler Zeitung

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