Die Wirtschaft im Bezirk steht unter Druck: Bürokratie, Arbeitskosten und Fachkräftemangel stellen aktuell die größten Hürden dar. Die Wirtschaftskammer Schwaz fordert darum entschlossene Maßnahmen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit am Standort.
„Gleich mehrere Studien bestätigen, unser Standort ist unter Druck“, warnt Martina Entner, WK-Bezirksobfrau für Schwaz und Vizepräsidentin der WK Tirol. Während Österreich vor 15 Jahren im bekannten Deloitte-Ranking weltweit noch auf Platz 14 rangierte, befindet sich die Republik nur mehr im Mittelfeld auf Rang 24. Auch der Vergleich der EU-Regionen unterstreicht das: Hier befindet sich Tirol zurzeit auf Rang 67 von 231 EU-Regionen. In allen Rankings ist der Standort Tirol in den letzten Jahren abgerutscht. Das macht es schwieriger für Tiroler Betriebe, erfolgreich zu sein und Arbeitsplätze abzusichern. Und es macht es schwieriger für neue Betriebe, Fuß zu fassen und für frische Impulse zu sorgen. „Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Hohe Steuern, eine ausufernde Bürokratie, erhebliche Energie- und Arbeitskosten sowie der Arbeitskräftemangel. Hinzu kommt ein gesellschaftliches Umfeld, das wenig Leistungsanreize setzt“, so Entner weiter.
Besonders deutlich warnen die Industrie und der Produktionssektor vor einer drohenden Deindustrialisierung. Mehr als 40 % der heimischen Industriebetriebe in Österreich haben in den letzten drei Jahren Teile in andere Länder verlagert. „Die schwächelnde Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft gibt zu denken. Die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts hat sich in den letzten zwölf Monaten stark verschlechtert, wie 25 % der befragten TOP-Unternehmen in Tirol berichten. Auslöser ist unsere Kostenentwicklung, insbesondere bei Energie und den Löhnen, durch die sich Österreich aus dem Weltmarkt selbst hinauspreist“, unterstreich Stefan Bletzacher, WK-Bezirksstellenleiter für Schwaz.
Kaufkraft leidet
Auch die Kaufkraft der KonsumentInnen leidet unter den Nachwehen der hohen Inflation sowie den hohen Zinsen, die Investitionen erschweren. Wenig positiv fällt darum die Halbjahresbilanz im Handel aus. „Ganz besonders spürt das der Möbelhandel, der Buchhandel, aber auch der Schuhhandel, ohne dass derzeit eine Trendumkehr zu erwarten ist“, beschreibt Martina Entner die gegenwärtige Situation. „Offenbar sind die Haushalte zurückhaltend bei Ausgaben geworden. All diese Faktoren – schwache Auftragslage in der Industrie, weniger Bauaufträge, wenige Investitionen und nur eine moderate Konsumerholung – führen dazu, dass heuer insgesamt gerade einmal die schwarze Null herausschaut“, ergänzt Stefan Bletzacher.
Währenddessen sind die Löhne in Österreich nominal doppelt so stark gestiegen wie im übrigen Europa. Ursächlich dafür war, dass die Inflation hier zu Lande deutlich höher ausgefallen ist. Die Folge der Entwicklung: Die Lohnstückkosten, die angeben wie viel Lohn für eine produzierte Einheit anfällt, sind in Österreich stärker gestiegen als in Deutschland und im Durchschnitt der anderen westeuropäischen Länder.
Größte Herausforderungen: Arbeitskosten & Arbeitskräftemangel
„Wirklich erholen wird sich die Wirtschaft erst 2025. Dann sollten die Lager in der Industrie soweit abgebaut sein, dass wieder mehr produziert werden muss. Dazu kommt eine gewisse Erholung der Weltwirtschaft“, prognostiziert der WK-Bezirksstellenleiter.
„Aus der Sicht der Wettbewerbsfähigkeit sind und bleiben die Arbeitskosten und der Arbeitskräftemangel aber auch in Zukunft die beiden größten Herausforderungen für unsere Unternehmen. Die Tiroler Wirtschaftskammer hat Lösungen vorgestellt, um den Druck am Arbeitsmarkt zu verringern und Leistungsanreize zu setzen“, ergänzt die WK-Vizepräsidentin. Trotzdem herrschen in Tirol und im Bezirk Schwaz nach wie vor Vollbeschäftigung.
5 zentrale Forderungen der Wirtschaft
1) Weniger Bürokratie: Effizientere Regulierungen, um den bürokratischen Aufwand zu reduzieren und Unternehmen zu entlasten.
2) Senkung der Lohnnebenkosten: Reduzierung der Arbeitskosten, ohne den Abbau von Sozialleistungen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
3) Mehr Netto vom Brutto: Steuerliche Anreize für Überstunden und Zuverdienste in der Pension, um Fachkräftemangel entgegenzuwirken und Arbeit attraktiver zu machen.
4) Raum für Unternehmertum: Investitionen in Digitalisierung und Automatisierung unterstützen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und den Fachkräftemangel zu mindern.
5) Nachhaltige Transformation unterstützen: Unternehmen bei der ökologischen Transformation und nachhaltigen Ressourcennutzung fördern, um wirtschaftliche Herausforderungen zu meistern.
Trend zum EPU
Darüber hinaus zeichnet sich ein erfreulicher Trend ab: Ende 2023 gab es 357.300 EPU, also Ein-Personen-Unternehmen, in der gewerblichen Wirtschaft in Österreich. Das ist ein Anteil von 61 % an Wirtschaftskammermitgliedern. Die wichtigste Sparte ist dabei Gewerbe und Handwerk, danach folgen Handel, Information und Consulting. So die Zahlen aus dem EPU-Monitorbericht der KMU Forschung Austria. Derzeit sind im Bezirk Schwaz 3.131 Ein-Personen-Unternehmen (EPUs) registriert.
Waren die GründerInnen vor 1990 durchschnittlich noch 28 Jahre alt, sind sie seit 2010 im Schnitt 13 Jahre älter. Der Anteil der sogenannten „Silverpreneure“, also unternehmerisch tätiger Menschen über 65, ist in den vergangenen acht Jahren derweil von 6 auf 16 %
gestiegen. Der Großteil dieser Personen (95 %) hat sein Unternehmen schon vor Pensionsantritt gegründet.
„In Zukunft dürften Silverpreneure noch stärker die unternehmerische Landschaft prägen. Denn von den Ein-Personen-Unternehmen im Erwerbsalter haben mehr als vier Zehntel vor, nach ihrer Pensionierung selbstständig zu bleiben“, blickt Martina Entner zuversichtlich in die Zukunft.