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Buchtipp: Perchten – besondere Figuren zur Mittwinterzeit

Donnerstag, 16. Dezember 2021

Noch dauert es, bis im hinteren Zillertal die Perchten wieder unterwegs sind. Ihr Termin ist der 5. Jänner, ein Tag vor Epiphanie (Erscheinung des Herrn).

Im Inntal allerdings waren die Männer und Burschen schon eifrig mit den Vorbereitungen auf ihre Auftritte beschäftigt. Alle haben gehofft, dass ihnen Corona keinen Strich durch die Rechnung macht. Leider ist es heuer anders gekommen. Die Auftritte am 5. und 6. Dezember mussten unterbleiben.
Den Zillertaler Beechten begegnet man meist erst, wenn sich die Dämmerung über das Tal gelegt hat. Da huschen einzelne Figuren, manchmal auch kleine Gruppen von Maskierten, zu Häusern und in die Stuben und Küchen. Sie werden schon erwartet, denn der Wunsch nach einem „glickseeligen Noijåhr“ soll sich positiv auf die Zukunft auswirken. Zum Dank für ihren Besuch werden sie bewirtet. Zumindest das obligate Schnapsl, das sie mit einem Strohhalm schlürfen, wird selten ausgeschlagen. Oft kredenzt man ihnen auch Essbares. Wenn schon keine „Groiggen“ mit „rabernem Kraut“ oder „siaße Krapflang“ aufgetischt werden, so stehen oft Brot, Speck und Käse auf dem Tisch.

Schriftliche Aufzeichnungen über das Treiben der Perchten stammen hauptsächlich aus kirchlichen und teils weltlichen Dokumenten. Dass keine persönlichen Texte vorliegen, ist wohl dem Umstand zuzuschreiben, dass in früheren Jahrhunderten nur wenige Menschen des Schreibens kundig waren. So ist es nicht verwunderlich, dass nur Vorschläge für Predigten, Protokolle und Gerichtsurteile Zeugnis von den Umtrieben der Maskierten geben. Aus dem Jahr 1741 liegt beispielsweise eine Anfrage des Herrschaftsverwalters von Fügen an die Obrigkeit vor. Kirchliche Vertreter beschwerten sich über das ausgelassene Treiben der Figuren beiderlei Geschlechts. Die prekäre wirtschaftliche Situation eines Großteils der Bevölkerung hat sie offensichtlich dazu veranlasst, verkleidet und vermummt Lebensmittel zu erbetteln. Von Zeit zu Zeit waren diese Heischegänge von der Obrigkeit auch offiziell erlaubt worden.

Ob die Zillertaler vom Pinzgau beeinflusst wurden oder die Salzburger aus dem Zillertal, lässt sich nicht belegen. Jedenfalls bestanden Beziehungen über den Gerlospass hinüber ins Salzburgische. So ist durchaus denkbar, dass auch der Brauch den Weg über den Pass fand. Es liegt aber auch im Bereich des Möglichen, dass über das Pustertal und das Pfitscher-Joch Osttiroler Einflüsse ins Tal kamen.
Aber nicht nur im Zillertal, sondern auch in verschiedenen Inntaler Orten und auch in Alpbach, trifft man zur Mittwinterzeit ähnliche Brauchgestalten. Interessant ist allerdings, dass sich die Typen so grundsätzlich voneinander unterscheiden. Interessant deshalb, weil das Gebiet durchaus als kleinräumig bezeichnet werden kann. Die „Zillertaler Beechten“ sind leise, tragen Gesichtsmasken aus Kunststoff und sind rundum verhüllt. Im Gegensatz dazu, bewegen sich im Inntal die „Flitschenbeaschtln“ in ihren massigen Kostümen laut lärmend durch die Dörfer.
Die Passen der Inntaler Perchten, eine gänzlich andere Gattung als im Zillertal, werden ausschließlich von Männern gebildet. Man beginnt bereits im Oktober mit der Anfertigung der Kostüme. Da werden Maisblätter zu Büscheln gebunden und dicht auf Hosen und Jacken aufgenäht. So entstehen diese wuchtigen Gwandter. Tamperer tragen zudem noch schwere Gebilde aus Metall, auf die sie im Rhythmus mit Schlegeln eindreschen. Als wäre die Last nicht ohnehin schon schwer genug, kommt noch eine mit langen Hörnern besetzte, geschnitzte Maske dazu. Neben der obligaten Hex besteht die Pass noch aus den Schellern und den Blasern. Die Bezeichnungen für diese Figuren sind regional unterschiedlich.

Die Intention dieses Typs ist auf Unterstützung von Fruchtbarkeit ausgerichtet. Überhaupt wird Perchta in historischen Aufzeichnungen oft mit dem Fruchtbarkeitskult in Verbindung gebracht. Als historisch ist auch das Datum für eine der ersten Nennungen zu bezeichnen: In einer Schrift aus dem Kloster Mondsee aus dem Jahr 1000 nach Christus ist von einer „Perchtennacht“ die Rede.
Aber Gottheiten, welche zur Unterstützung der Fruchtbarkeit angerufen wurden, gab es bereits bei den Babyloniern, bei den Ägyptern, den Römern oder auch bei den Germanen.

Die Alpbacher Beaschtn tragen – ähnlich wie im Zillertal – altes Gwand. Allerdings verhüllen sie ihr Gesicht mit langen Flachssträhnen, die von einem weit ausladenden Hut herunter hängen. Den Besuchten wünscht man ein gesundes neues Jahr und kehrt mit dem Besen die Wohnräume, damit Glück und Segen im kommenden Jahr in ein sauberes Haus einziehen können. Auch für die Heiligen Drei Könige soll das Haus gereinigt sein.
Aber nicht nur in dieser kleinräumigen Region, mit derart unterschiedlichen Gestalten, findet man zur Mittwinterzeit verschiedenste Bräuche. Auch in Salzburger Gauen, im Berchtesgadener Land oder in Osttirol trifft man gerade zum Jahresende bzw. am Jahresanfang auf Bräuche mit ähnlichem Hintergrund.

Der Volkskundler Dr. Max Schneider hat sich über viele Jahre damit beschäftigt und in seinem Buch „Perchten und Bräuche zur Mittwinterzeit“ Hintergründe und viel Wissenswertes über diese Bräuche ausführlich beschrieben. Da findet man unter anderem ausführliche Beschreibungen und Information beispielsweise über die „Alpbacher Behm“, die Zillachtola „Schian Tånza“, die „Pinzgauer Tresterer“ oder die „Måttinga Klaubeife“, sowie die „Wilden Jagd vom Untersberg“ oder die „Holzmandln“ aus Kirchseeon in Bayern.

Das 350 Seiten (A4) umfassende und mit ca. 400 Farbfotos bebilderte Buch kann über den Buchhandel, den Verlag (Hannes Hofinger, St. Johann) oder den Autor bezogen werden. ISBN: 978-3-9504205-9-3

Zillertaler Zeitung

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